Mahlzeit! Muffiges Messerschmitt-Menü?
Eine neue politische Speisekarte* wurde vor kurzem unter dem ruhmreich-wohlschmeckenden Namen „Messerschmitt“ vorgestellt. Beteiligt an der lukullischen Komposition waren ausgewählte Köche roter und schwarzer Provenienz, mit eigenwilliger Akzentsetzung durch eine kooptierte, für ihre wandlungsfähige Würze bekannte Köchin. Die Gerichte entspringen zumeist bekannten traditionellen Geschmackrichtungen, wie etwa die Diätlinie „keine Nettoneuverschuldung“, die seit jeher auf einer geschickten Kalorienauslagerung in Tochter-Speisekarten basiert. Bekannt auch die Kooperationspläne für das feincremige Stadt-Land-Püree, das allerdings schon seit langem betonähnlich ins Stocken geraten ist. Vertreten auf der Messerschmittschen Dessertkarte sind erwartungsgemäß wieder die zuckersüßen Kurzzeitparkplätzchen, die säuselnd-duftigen Parksuchverkehr garantieren. Mittlerweile schon sehr altbacken wirken die als knusprig angepriesenen Versprechen von bezahlbarem Wohnraum, an denen sich nur Menschen mit kostspieliger Gebissausstattung nicht die Zähne ausbeißen. An zwei verkaufsoffenen Sonntagen der kommenden Saison soll ein „All you can buy“-Buffet angeboten werden – komponiert aus traditionsverbundenen christlichen und gewerkschaftsnahen Rezepten. Aufhorchen lässt das Menü „Ostumfahrung“, das frische Bahnsinn-Gleise, reduziert im Tunnelungsbräter auf Güterzugsgeschmack, in den Prüf-Ofen schieben will. Spannend auch der „Kulturentwicklungsplan“, gedämpft im Kesselhaus mit der Beilage Jugendkultur – Inhaltsstoffe dieses Gerichts werden bislang geheim gehalten. Ein bisschen schimmelig wirkt freilich der Zutatenklau in der grün-alternativen Küche, etwa bei den Hauptspeisen „Radweg nach Regensburger-Ring-Art“, „Regionaler Omnibusbahnhof“ und „Schulsozialarbeit an Grundschulen“ – alles Rezepte, für die man schon seit Jahren die notwendigen Ingredienzen hätte kaufen können. Zwei Gerichte mussten bereits drei Monate nach Präsentation wieder von der Speisekarte genommen werden: Die speziell für die bürgerlich-unabhängige Maitresse de cuisine kreierte „Ehrenamts-Koordinationsstelle in Rahmsauce“ wurde aufgrund gewichtiger Verklumpungsbedenken gecancelt. Und die Neukreation „Parkplatzstraße Klinikum, an Waldrand, mit Waizendorfer Kruste“ stellte sich als in jeder Beziehung geschmacklos und ungenießbar heraus. Am erstaunlichsten und beunruhigendsten mag dem Gast der Messerschmitt-Polit-Küche jedoch erscheinen, dass der vorgeblich mühevoll und raffiniert gestaltete Menü-Plan den beteiligten KöchInnen selbst schon gar nicht mehr präsent ist. Dem Vernehmen nach rührt inzwischen wieder jeder sein eigenes Süppchen. sys * Das „Messerschmitt-Papier“ ist eine Vereinbarung zur Zusammenarbeit im Bamberger Stadtrat, unterzeichnet von CSU, SPD, BuB und FDP, öffentlich bekannt gegeben im Juli 2014, seither allerdings auf keiner Homepage der beteiligten Parteien/Gruppen zu finden, dafür aber auf gaznet (siehe rechts). |
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