Warum AnkER-Zentren für alle schlecht sind

Bundesinnenminister Horst Seehofer plant so genannte Ankunfts-Entscheidungs-Rückführungs-Zentren (AnkER) in ganz Deutschland. Die Blaupause dafür liefert Bamberg mit der Aufnahmeeinrichtung Oberfranken, wo der Freistaat schon seit Jahren ausprobiert, wie man die Rechte von Flüchtlingen weitestmöglich beschneiden, diese konzentriert unterbringen und von der einheimischen Bevölkerung abschotten kann. Doch die Erfahrungen in Bamberg zeigen vor allem eines:

AnkER-Zentren sind …

… schlecht für Flüchtlinge

Sie werden massenhaft und auf engem Raum mit fremden Menschen untergebracht. Zimmer und Wohnungen können nicht abgeschlossen werden, Privatsphäre ist kaum vorhanden. Weil sie weitestgehend Sachleistungen erhalten, wird fremdbestimmt, was sie essen, womit sie sich waschen und welche Kleidung sie tragen. Bargeld ist auf ein Minimum reduziert. Es gibt kaum Möglichkeiten, Deutsch zu lernen. Arbeiten ist verboten. Mehrmals in der Woche werden nächtliche Abschiebungen durchgeführt, die alle verängstigen. Für Kinder im Schulalter gibt es eine Art Beschulung, die mit einer normalen Regelschule wenig zu tun hat. Für kleine Kinder gibt es kein Angebot. Das tätigkeitslose Leben in der Unterkunft verursacht „Lagerkoller“, Depression und Folgekrankheiten. Die Massenunterbringung ist bester Nährboden für Konflikte, häufig taucht Polizei auf, Security-Leute sind allerorten und geben oft selbst Anlass zu Auseinandersetzungen.

… schlecht für Bamberg

Integration Fehlanzeige. Selbst die willigste Bevölkerung ist nicht in der Lage, eine Massenunterkunft am Stadtrand mit aktuell ca. 1500 Personen und hoher Fluktuation zu integrieren, geschweige denn mit einer möglichen Vollbelegung von 3400 Personen. Kontakt wird zwar nicht unterbunden, aber auch nicht gefördert. Viele Menschen in Bamberg empfinden die AEO als beunruhigenden Fremdkörper.

… schlecht für den Rechtsstaat

Zumindest dann, wenn man Rechtsstaat so versteht, dass jeder Mensch zu seinem Recht kommen soll. Das kann man zwar theoretisch auch in einer Massenunterkunft, aber dazu muss man seine Rechte ja überhaupt erst mal kennen oder die Möglichkeit zur Information haben. Das gehört aber offiziell nicht zu den Aufgaben der Einrichtung. Nur ehrenamtliche Helfer*innen und die personell unterbesetzte Asylsozialberatung sind hier Anlaufstellen. Aber viele Geflüchteten bleiben allein schon aus praktischen Gründen von ihren Rechten abgeschnitten, weil sie keine Ahnung davon haben (können).

… schlecht für eine geordnete Asylpolitik

Als zentraler Vorteil und Grund für die AnkER-Zentren wird angeführt, dass dort alle am Asylverfahren beteiligten Behörden vor Ort sind. Das überzeugt in gewisser Weise, verwundert aber auch ein bisschen angesichts der heutigen digitalen Möglichkeiten. Vor allem aber ist es nicht notwendig, zusammen mit den Behörden auch gleich noch die Menschen konzentriert unterzubringen. Die Effizienz von Behördenarbeit hängt eher von deren personeller Ausstattung und Qualifikation ab als davon, ob sie Teil einer Massenunterkunft sind. Beachtlich ist in dem Zusammenhang, dass die Zahl der untergetauchten Flüchtlinge seit Beginn der AEO (2015, damals ARE) bei ca. 30 % liegt – kein Indiz für eine geordnete Asylpolitik.

… schlecht für den Haushalt

Auch wenn der Freistaat in der AEO massiv Leistungen für die Geflüchteten kürzt und damit Geld einspart, gibt er an anderer Stelle dieses Systems Unsummen aus, die sonst nicht notwendig wären: etwa für die Kantinenverpflegung (obwohl die Flüchtlinge sich lieber selbst versorgen würden), für die Security (in dezentralen Unterkünften gibt es in der Regel gar keinen Sicherheitsdienst), für häufige Polizeieinsätze.

… schlecht für die Demokratie

Mit ihrer Asylpolitik driftet die CSU absichtlich immer weiter nach rechts, um dort auf Stimmenfang zu gehen. Die Angst vor der AfD sitzt offenbar tief in den bayerischen schwarzen Knochen. Und das Straußsche Credo, dass es keine Partei rechts der CSU geben dürfe, führt dazu, dass sich Konservativismus zunehmend in Rechtspopulismus verwandelt. Die Asylpolitik der CSU reduziert sich mittlerweile auf das einfache Motto „Hauptsache, irgendwas gegen Flüchtlinge“. Sie opfert damit leichtfertig demokratische und freiheitliche Werte und bedient Ressentiments aus billigem Wahlkalkül.

… vielleicht nicht schlecht für die AfD

Die AnkER-Zentren könnten auch eine Erfindung von Gauland, Weidel & Co. sein. Aus der Opposition heraus eine Regierungspartei wie die CSU so vor sich her zu treiben, dass sie quasi die Politik für einen umsetzt – schon eine coole Sache. Da muss die AfD nur noch hoffen, dass die Wähler*innen das Original wählen und nicht die Kopie.

sys

   

Karikatur: Thomas Plaßmann

Ursula Sowa

»Geflüchtete Menschen verdienen Respekt. Wir müssen in die Chancen von Migration investieren, nicht in Abschottung.«