Wenn die Mieterhöhung klingelt …

In Bamberg herrscht Wohnungsmangel, aber Bamberg versäumt es ausreichend bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Vor allem Bedürftige werden um ihr Geld betrogen, weil die Stadt auf ihrem Rücken spart. Das bestätigt nun der aktuelle „Stadtentwicklungsplan Wohnen“.


Foto: Maria Lanznaster pixelio.de

 

Im Mai 2013 wurde dem Stadtrat die Fortschreibung des „Stadtentwicklungsplans Wohnen“ vorgestellt, womit die von der GAL bereits seit Jahren angeprangerte illegale Praxis der Stadtverwaltung öffentlich entlarvt wurde. Ohne Weiteres legte der von der Stadt beauftragte Gutachter Dr. Klaus-Peter Möller (Büro für Systemanalysen) die jährlichen Mietpreissteigerungen der Jahre 2001 bis 2011 in konkreten Zahlen vor.

Genau das hatte hingegen die Stadtverwaltung in den letzten Jahren immer hartnäckig verweigert. Entsprechend diesen durchschnittlichen Mietpreissteigerungen hätte die Stadt nämlich auch die so genannten „Kosten der Unterkunft“ erhöhen müssen, also das Geld, das beispielsweise Hartz-IV-EmpfängerInnen erhalten, um ihre Miete zahlen zu können.

Jahrelange illegale Praxis

Laut Gesetz sind die Sätze dem örtlichen Mietmarkt regelmäßig anzupassen. Die Stadtverwaltung unterließ dies aber, immer mit Verweis darauf, man könne keine belastbaren Zahlen über Mieterhöhungen recherchieren. Ein entsprechender GAL-Antrag wurde lange nicht behandelt. Die übrigen Fraktionen schauten dem Treiben über Jahre wortlos zu. Derzeit wird nun endlich auf Stadtratsbeschluss ein neuer Mietspiegel erstellt, der dann die gewünschten Zahlen liefern und mit Sicherheit drastische Erhöhungen bei den Mieten feststellen wird. (Siehe auch Artikel Öffnet internen Link im aktuellen FensterStadtverwaltung verschleppt Mietspiegel.)

Fakt ist aber, dass seit 2009 und bis heute Bedürftige zu wenig „Kosten der Unterkunft“ von der Stadt erhalten. Die im Herbst 2012 gnädig bewilligte KdU-Erhöhung ab 1.1.2013 um 5% (gerechnet bzgl. 2008) entspricht nicht annähernd den tatsächlichen Mieterhöhungen für die Betroffenen, die jetzt durch Möller vorgelegt wurden (siehe Kasten).

KdU-BezieherInnen müssen den Betrag, um den sie von der Stadt geprellt werden, aus ihren Regelleistungen entnehmen, sich also buchstäblich vom Mund absparen. Diese Praxis ist illegal – und Stadtverwaltung mit Oberbürgermeister Starke an der Spitze ist das natürlich auch voll bewusst, ebenso wie dem Stadtrat, wo es die GAL oft genug zur Sprache gebracht hat.

480.000 Euro jährlich auf Kosten der Armen gespart

Aber es rechnet sich für den Stadthaushalt: 40.000 Euro sparte sich die Stadt beispielsweise allein im Oktober 2012 auf diese Weise. Hochgerechnet auf das gesamte Jahr wären das 480.000 Euro, über die Jahre seit 2009 also erwartbarerweise ein Millionenbetrag.
Das wurde auf Anfrage der GAL im Familiensenat öffentlich. Die GAL hatte gefragt, bei wie vielen Hartz-IV-EmpfängerInnen die Stadt nicht die tatsächlichen Mietkosten übernimmt. Und so lauten die harten Fakten: 1.918 so genannte Bedarfsgemeinschaften BG – also Familien, Paare oder Einzelpersonen – gab es beispielhaft im Oktober 2012, deren Miete von der Stadt Bamberg zu zahlen war. Ihre tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung/Nebenkosten (KdU) betrugen insgesamt 785.836 Euro, pro Bedarfsgemeinschaft waren das 411 Euro. Anerkannt wurden davon jedoch nur 742.599 Euro (pro BG 388 Euro), also über 40.000 Euro weniger. Diese 40.000 Euro mussten die Betroffenen aus ihren Regelleistungen bezahlen, -also von dem Geld, das eigentlich für Lebensmittel, Hygieneartikel, Kleidung und den täglichen Bedarf gedacht ist.

Vier Mal so hoher Bedarf an Sozialwohnungen

Bedürftige Menschen haben in Bamberg aber auch kaum Alternativen, denn der Wohnungsmarkt, vor allem im unteren Preissegment ist dicht. Darüber, wie einkommensschwache Haushalte mit Wohnraum versorgt sind, legt die Analyse von Klaus-Peter Möller leider nur Zahlen von 2004 vor, doch dürfte sich die Situation seither eher zugespitzt haben. Zu diesem Zeitpunkt gab es 25.650 Mieterhaushalte in Bamberg, von denen 8.200 aufgrund ihres Einkommens und der Haushaltsgröße berechtigt waren, eine geförderte Sozialwohnung zu beziehen. Gleichzeitig gab es 2.750 Sozialwohnungen in Bamberg, wovon mindestens ein Drittel mit nicht mehr förderberechtigten MieterInnen belegt waren. Von den ca. 8.200 einkommensschwachen Haushalten konnten somit nur ca. 1.900 (also nicht einmal ein Viertel) Sozialwohnungen nutzen. Alle übrigen kamen nicht zu ihrem Recht.

Versäumnisse der Stadt

Die Stadt nimmt hingegen kaum ein Instrument wahr, das zur Entschärfung der Lage führen könnte. Eine Kappungsgrenze als Mietpreisbremse, die neuerdings von Kommunen eingeführt werden kann, wurde vor kurzem auf SPD-Antrag einstimmig im Stadtrat beschlossen, aber damit wird nur an Symptomen herumgedoktert. Eine Mieterhöhung wird damit zwar auf maximal 15% innerhalb von drei Jahren gedeckelt, aber am Wohnraummangel ändert das leider überhaupt nichts – mal abgesehen davon, dass 15% immer noch eine zu hohe Grenze sind. Damit diese Kappungsgrenze gilt, muss dies von der Stadt übrigens erst beantragt werden, und das dauert – vermutlich lange genug, damit Vermieter noch schnell vorher die Miete hochsetzen.

Um gegen den Wohnraummangel in Bamberg vorzugehen, wären es etwa nötig eine Sozialwohnungsquote in Bebauungsplänen festzulegen, die Stadt als „Gebiet mit erhöhtem Wohnraumbedarf“ auszuweisen (höhere Fördermittel beim Wohnungsbau) oder städtische Flächen in Eigenregie mit klaren sozialen Vorgaben zu entwickeln. Alles Anträge der GAL, die schon wieder seit langer Zeit auf ihre Behandlung warten.

sys

   

Durchschnittlicher Mietpreis für eine 60- bis 80-Quadratmeter-Wohnung (laut „Stadtentwicklungsplan Wohnen“ 2013):

 

2001    6,25 Euro

2006    6,57 Euro

2010    7,44 Euro

2011    8,72 Euro

 

Mietpreiserhöhungen:

2001-2006 jährlich 1%

2007-2010 jährlich 2 %

2010 - 2011 in einem Jahr 17,2 %